Texte
Trauerrede am Tage der Angelobung der schwarz-blauen Landesregierung in Salzburg
Worte des Trostes:
Gott der Herr sieht in die Herzen und es wird kommen der Tag an welchem du stehst vor seinem höchsten Gericht und dann wird Gerechtigkeit walten. Irret euch nicht! Gott lässt sich nicht spotten und das Geschlecht der Frevler wird ausgerottet werden. Ezechiel 25, 17
Liebe Trauergemeinschaft
Wir haben und heute hier versammelt um Abschied zu nehmen. Abschied von Wilfried Haslauers Anstand. Besonders groß war er nie und doch war so viel von ihm lesen, dass wir uns haben verleiten lassen und Hoffnung auf ihn gesetzt haben. So sehr wir um die Vergänglichkeit wissen, so sehr uns bewusst ist wie fragil gerade der Anstand von ÖVP Politikern, so überrascht einen das endgültige Ableben dann doch.
Trauer, Wut, Verzweiflung sind vielleicht Emotionen die bei der ein oder anderen aufgetaucht sind. Aber auch Resignation oder Galgenhumor sind ganz normale Reaktionen, die eine drohende rechts Regierung bei uns auslöst.
Wie ihr sehen könnt haben wir an Blumen gespart, denn im Angesicht des Todes verschwindet jede Heuchelei und Blumen war uns diese Leiche nicht wert.
Doch wir wollen uns einen Moment an die guten schwarzen Tage erinnern, als Haslauers Anstand noch in der Blüte seiner Jahre stand und u.a. ein Gesetz mit- erlassen hat, dass die Wohnungssituation in Salzburg radikal verbessern sollte. Eine Leerstandabgabe, die wirklich alle ImmobilienbesitzerInnen leisten müssen, die ihre Wohnungen nicht für Kinder, Enkeln, Haustiere oder Topfpflanzen reserviert halten.
Was wird die Regierung nun beschließen, ohne den anständigen Anstand, der immer so nah an uns Menschen dran war?
Doch schon viele vor ihm sind gegangen. Unter Sebastian Kurz musste sich unlängst ein ganzes Kabinett von seinem Anstand verabschieden. Und wie wir erleben, es geht weiter.
Die Welt dreht sich weiter, die Politik wählt sich weiter, die Posten schachern sich weiter und die Anständigen, die protestieren weiter. Denn solange Hetze und Faschismus unter uns sind, wird es niemals still sein um uns.
Wilfired Haslauers Anstand werden wir nun begraben, denn er war zu feige für diese Welt. Möge ihm in einer anderen Gerechtigkeit widerfahren.
Der Boxkampf: (2012)
Einen wunderschönen guten Abend sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren; herzlich willkommen hier in der Arena und hallo an alle Zuhausegebliebenen vor Bildschirm und Radio; schön dass Sie dabei sind, bei diesem Jahrhundert, was sag ich, Jahrtausendkampf.
Seit Wochen fiebert die Welt auf den heutigen Abend zu. Die Schlagzeilen sind jetzt schon voll mit Superlativen. „Episch“ fiel da, aus den Mündern der ganz Großen, „revolutionär“ „das größte Spektakel aller Zeiten“
Philosophen und Wissenschaftler sehen in dem heutigen Kampf die einzige Möglichkeit die Kontroversen endlich zu beenden, die Seiten endgültig zu klären, den einen, wahren Sieger zu küren.
Eine einzige Runde wird uns heute ein für alle mal Aufschluss geben über die Frage die Sie schon immer beantwortet haben wollten.
Wir sind hier in der RB Arena in Tokyo bis auf den letzten Platz ausverkauft und da gehen auch schon die Schiedsrichter auf ihre Position. Die Lasershow wird gestartet und unter dem ohrenbetäubenden Brüllen der gespannten, erhitzen Menge betreten die Vertreter ihrer Seite, die Helden der Menschheit, die Kämpfer den Ring.
In der rechten Ecke der Herausforderer, Schlüssel zu Logik und Reflexion, Weg zu Erkenntnis, Heimat des Verstands und Hauptgegenstand der Philosophie, Ladys and Gentlemen, please give it up for diiiiiiiiiieeeeeeeeeeee VERNUNFT!!!!
Und in der linken Ecke der Verteidiger, Frauenheld, Gegenstand so vieler lyrischer, musikalischer, dramatischer Werke, mit mehr als 200 gezählten, definierten Emotionen,
bitte meine Damen und Herren, erheben Sie sich für daaaaaaaaaasssssss GEFÜHL!!!!
Die Menge jubelt, die Kämpfer schütteln sich die Hände und jeder der da halbwegs aufmerksam hinsieht, kann sich ausmalen dass heute hier niemand aufgeben wird. Das wird ein Kampf bis zum bitteren Ende. Beide sehen wild entschlossen aus und es ist mir unmöglich zu raten wer diesen Kampf gewinnen wird.
Der Gong ertönt und es geht los.
Das Gefühl ist mit ein paar sicheren, zielstrebigen Schritten in einer Ecke und die Vernunft eilt ein bisschen verzögert in die genau gegenüberliegende. Eine verzwickte Patt Situation. Wer wird den ersten Angriff wagen?
Da, das Gefühl prescht aus seiner Ecke in die Mitte des Rings. Uh, ein gefährliche Position, ungeschützt von allen Seiten. Doch die Vernunft lässt sich nicht provozieren und steht wie ein Fels in ihrer Ecke.
Das Gefühl lockt seinen Gegner mit einer unbeschwerten Beinarbeit und einem angedeuteten Haken Euphorie. Die Vernunft verlässt ihre Deckung und begibt sich in die Mitte des Rings, angreifbar. Alles ist nun möglich.
Und da kommt auch schon das Gefühl mit einer gefinkelten Kombination ausladender Freude und großer Enttäuschung.
Damit hat die Vernunft nicht gerechnet. Sie knickt leicht ein während das Gefühl, weinend und lachend gleichzeitig, um sie herumtänzelt.
Aber da, noch nicht einmal ganz aufgerichtet kontert die Vernunft mit einem Jab stichhaltiger Argumente.
Das Gefühl blockt mit Hilfe von Hoffnung und Naivität geschickt ab.
Aber die Vernunft lässt nicht locker. Ein Aufwärtshaken schlechtes Gewissen und eine linke Gerade Vergleiche anstellen.
Das Gefühl taumelt. Es wirkt orientierungs-, ja, hilflos. Man kann beinah zusehen wie das schlechte Gewissen durch den Magen in den ganzen Körper ausstrahlt und das Gefühl lähmt.
Die Vernunft geht auf Distanz und betrachtet den strauchelnden Gegner mit kühler Gelassenheit und vielleicht einer Spur Mitleid.
Aber, man kann es nicht glauben, das Gefühl macht einen Satz, einen Sprung von so unberechenbarer Agilität dass es hinter der Vernunft steht. Jetzt nimmt es sie mit einer hinterlistigen Kombi in die Zange. Mit der linken Verzweiflung und ein Magenhieb verletzter Stolz mit der rechten.
Die beiden klammern, rangeln. Da stürzt der Schiedsrichter herbei und es kostet ihm einige Mühe die beiden zu trennen und in ihre Ecken zurückzuscheuchen.
Da stehen sie nun und beobachten sich verbittert.
Langsam beginnen sie den Ring entlang zu tasten, kreisen so, 5 Meter von einander entfernt, um den Kampfplatz.
Man sieht sie förmlich überlegen. Mit welcher Strategie können sie den Gegner überlisten oder sogar zum Aufgeben bewegen?
Da, die Vernunft beendet das monotone im Kreis drehen und stellt sich in die Mitte und deutet vage einen Kompromiss an. Das Gefühl zaudert. Immer wieder stakst es einen Schritt auf die Vernunft zu, die Hand schon zum einschlagen bereit, überlegt es sich dann doch anders und schreckt zurück.
Die Vernunft wird ungeduldig und dadurch aggressiver. Sie zieht an und drängt das Gefühl an den Rand. Es kann nicht mehr ausweichen und so treffen ihn die klugen Sprüche und die guten Ratschläge die die Vernunft wie eine Kanone abfeuert hart. Es taumelt.
Die Vernunft zieht sich wieder zurück und beobachtet seinen Gegner. Um ihm den Rest zu geben packt es jetzt den Erfahrungsschatz aus und zieht voll durch.
Das Gefühl versucht sich aufzubäumen, strauchelt und fällt zu Boden.
Die Vernunft hat es geschafft. Triumphierend dreht sie sich zur Menge um, die außer Rand und Band ist.
Doch plötzlich lässt das Gefühl den Serotonin Spiegel fallen und schießt mit einem Mix aus Dopamin, Neurotrophin und Oxytocin in die Höhe.
Damit hat die Vernunft nicht gerechnet. Sie versucht nicht einmal mehr einen Gegenangriff zu starten, gegen diese Kombination ist sie machtlos. Leise wimmernd und laut fluchend verlässt sie den Ring und wird dort wohl schmollend warten, bis der Siegestaumel des Gefühls der gähnenden Leere weicht, wenn es von den Liga-Ärzten auf Doping geprüft wurde um dann, am Parkplatz, abseits aller Regeln, eine neue Runde eröffnen zu können.